Unter Freundinnen und Freunden der Kunstszene in Neuburg und der ganzen Region hat sich Barbara Nassler längst einen Namen gemacht als Kunstkennerin und Künstlerkennerin. Allein in den letzten Jahren kamen Frank Zander, Otto Waalkes, Roberta Rizzi als Schwester des großen James Rizzi, Rosina Wachtmeister, James Francis Gill und Udo Lindenberg für Barbara Nassler gerne nach Neuburg.
2025 hat Barbara Nassler mit vielen befreundeten Künstlern und Künstlerinnen zum Jubiläumsjahr gemacht: 70 Jahre Glaserei, 65 Jahre Galerie und 65 Jahre Barbara – das muss gefeiert werden! Was Neuburg in diesem Jahr erwartet und wie Barbara Nassler es geschafft hat, „mein Ding zu machen“, um Udo Lindenberg zu zitieren, erfahrt Ihr in diesem Stadtgespräch.
Barbara Nassler, Sie feiern dieses Jahr 65. Geburtstag. Wie hat die „kleine Barbara“ Neuburg und die Welt der Kunst entdeckt?
Die Glaserei wurde vor 70 Jahren gegründet – von meinem Opa Josef und seiner Frau Barbara Nassler. Ihr Geschäft war früher beim Fuchsbräu, das ist in der Schützenstraße, unweit der Reinigung Stangelmayer. Dort haben sie ihre Glaserei aufgebaut. Das war 1955. 1960 haben meine Eltern hier den Standort erworben. Damals war es ein Stadel, den meine Eltern von Herrn Nieberle gekauft hatten. In ihrer Glaserei gab es auch Haushaltswaren. Wir hatten früher noch Christbaumkugeln, Weihwasserkessel und Porzellan in unserem Sortiment. Bei der Eröffnung hatten meine Eltern, Rudolf und Erna, bereits mit Bildern angefangen.
Ich bin 1960 im August geboren und bin also in unser Geschäft hineingewachsen. Ich bin schon mit zwei, drei Jahren in der Werkstatt mit dabei gewesen und habe Bildchen gemalt für meine Eltern. Aber mir hat es in der Werkstatt gut gefallen. Es war sehr schön. Wie ich schon etwas älter war, habe ich noch die Josy Meidinger kennengelernt. Sie war sehr oft bei uns. Wir hatten in der alten Werkstatt so einen Kanonenofen. Wenn sie bei uns vorbeigekommen ist, hat sie sich da oft aufgewärmt. Mein Opa hat dann Tee gemacht, Brot geröstet und mit Butter beschmiert – und da sind Frau Meidinger und ich dann gesessen. Wir haben uns immer gut unterhalten, denn sie war ja eine große Tierfreundin. Bei ganz schlechtem Wetter, wenn es geschneit hat, hat sie mein Vater anschließend nach Grünau gefahren.
Und diese ersten Kindheitsjahre in der Glaserei haben dann Ihren weiteren Lebensweg vorgezeichnet?
Am 12. Juli 1985 habe ich meine Meisterprüfung bei der Bundesfachschule des Glaserhandwerks in Hadamar bei Limburg an der Lahn abgelegt. Das ist auch heute noch eine sehr bekannte Adresse in unserem Handwerk – wer sich dort auf die Meisterprüfung vorbereitet, bewegt sich auf höchstem Niveau. Damals waren wir nur drei Frauen im Meisterhandwerk. Die beiden anderen sind gleich kurz nach der Meisterprüfung ausgeschieden – und ich bin meinen Weg weiter gegangen.
1996 haben mir meine Eltern den Betrieb übergeben. Und ich habe die Galerie weiter ausgebaut. Ich bin mit meinem Vater immer nach München oder Frankfurt zu Messen oder Hausmessen gefahren und habe schon als Kind mit fünf, sechs Jahren die Künstler kennengelernt.
2006 habe ich in Eichstätt die Glaserei Wagner übernommen – der damalige Eigentümer hatte einen Unfall und konnte sein Geschäft nicht mehr weiterführen. Hier habe ich ebenfalls eine Glaserei und eine kleine Galerie eröffnet – etwas kleiner, aber vergleichbar mit meinem Geschäft in Neuburg. 2014 habe ich den Standort Karlshuld übernommen – doch da befindet sich nur unser Lager.
Und dann begann die Zeit der persönlichen Künstlerkontakte …
Mit Rosina Wachtmeister und Udo Lindenberg fing alles an. 2019 war Otto Waalkes persönlich in Neuburg. 2020 stand die große James-Rizzi-Ausstellung im Neuburger Schloss im Mittelpunkt meiner Aktivitäten. James Francis Gill und Rosina Wachtmeister haben ebenfalls in den letzten Jahren meine Galerie als Ausstellungsort ausgewählt.
… und zum Jubiläum sind besonders viele Künstler in Ihrer Galerie anzutreffen?
Ja, ich freue mich, dass es uns gelungen ist, in diesem Jahr viele Künstler-Weggefährten nach Neuburg in meine Galerie zu holen. Den Auftakt machte Ilona Griss-Schwärzler mit ihren ausdrucksstarken Gesichtern. Wir sind seit sechs oder sieben Jahren miteinander verbunden. Martin Georg Sonnleitner aus Österreich ist ein Vertreter der Pop-Art. Wir kennen uns seit acht Jahren. Und Heinz Schölnhammer ist einer der beliebtesten Maler der gegenständlichen Kunst – er ist inzwischen 85 Jahre alt, aber besitzt immer noch eine so beeindruckende Pinselführung und ein untrügliches Gespür für Licht und Schatten. Meine Eltern hatten ihm bereits im Programm – und jetzt gehört er in meinen Augen zu Europas ansprechendsten realistischen Künstlern.
Der junge Italiener Raffale Fiore fasziniert mit Unterwasserwelten und Frauenbildern. Aktuell hat er sich Venedig als Thema gewählt. Und ab 18. Juli freuen wir uns auf Thomas Jankowski und 80 € Waldi – das wird auch ein besonderes Highlight. 80 € Waldi ist mehr als ein Name – es ist ein Lebensgefühl! Er ist Künstler, Antiquitätenhändler und TV-Persönlichkeit, der durch die ZDF-Sendung „Bares für Rares“ Kultstatus erreicht hat.
Zu meinem Geburtstag und zum Firmenjubiläum am 9. August freue ich mich auf Gisela Ueberall. Uns verbindet eine langjährige Freundschaft, die von vielen gemeinsamen Ausstellungen begleitet ist. Seit über 25 Jahren kennen wir uns nun schon – und ich war ihre erste Kundin. Sie stellt aus – und wir haben jede Menge Überraschungsgäste. Zwei Absagen gibt es allerdings: Leider kann Djamila Fiereck nicht kommen, da sie in Amerika zwei Tage vorher eine eigene Ausstellungseröffnung hat. Und Otto Waalkes, mit dem ich in regelmäßigem Kontakt bin, feiert da gerade selbst seinen Geburtstag nach. Ich bekomme aber für meinen Geburtstag eine schöne Videobotschaft – darauf freue ich mich schon sehr.
Dann ist Günther Fruehmesser bei uns mit seinen Werken; sein Thema ist es, stets die Realität und momentane Stimmungslage in seinen Gemälden einzufangen. Und ab 19. September präsentieren wir die Sonderausstellung „Pop-Art“ mit Werken von Andy Warhol, Roy Lichtenstein, Robert Indiana, Keith Haring, Tom Wesselmann, Alex Katz und Mel Ramos. Wer Kunst liebt, darf sich auf ganz viele inspirierende Begegnungen freuen.
Mit Otto Waalkes verbindet Sie eine persönliche Freundschaft?
Ja – und ich freue mich, dass er immer noch so aktiv ist. Musik ist ihm wichtig, seine Auftritte und das Malen. Er sitzt in seinem Atelier, das ist wunderschön in Hamburg; ich war schon ein paar Mal dort. Auf einem Dachboden befinden sich ringsherum kleine Fenster und da sieht man direkt auf die Elbe. Der Fluss, die Dampfer und vor allem die Beleuchtungen am Abend, das ist wunderschön. Sein Sohn wohnt gleich in der Nähe – das sind beides ganz tolle Menschen. Ganz am Boden geblieben und das gefällt mir so gut. Auch sein Freund Rolf Zukowski wohnt nebenan. Die beiden Männer haben in den gemeinsamen Zaun, der die Grundstücke begrenzt, ein Loch geschnitten, sodass sie sich gegenseitig auf kürzestem Weg jederzeit besuchen können.
Besonders schön findet Otto es, wenn ich Weißwürste und Brezen aus Neuburg mit nach Hamburg bringe. Das genießt er sehr.
Ihre große Liebe zu Hunden ist bekannt – hatten Sie immer schon Tiere in der Familie?
Als ich drei Jahre war, hatten wir einen ganz kleinen Spitz. Und als ich größer wurde, hatte ich einen Kater. Viele Menschen fragen mich immer noch danach – obwohl das schon 40 oder 50 Jahre her ist. Aber viele hat fasziniert, dass er immer im Schaufenster gesessen hat. Ich habe damals meinem Sohn auch einen Kater geschenkt. Er hieß „Susi“ und ihn hat sogar Rosina gemalt. Dann hat noch „Peter“ bei uns gewohnt – der zweite Kater. Und weil sich beide so ähnlich sahen und sich beide so gerne im Schaufenster aufhielten – aber nie gleichzeitig – hatten es Außenstehende gar nicht mitbekommen, dass der eine von beiden irgendwann verstorben ist.
Unsere Kater haben sich gerne im Geschäft aufgehalten – und auch darauf aufgepasst. Einmal hatte eine Frau unser Geschäft betreten und ihre Tasche vom Boden auf den Tisch gestellt, weil angeblich unsere Katze da immer hinwollte. Sie meinte, wahrscheinlich riecht das Tier, dass sie gerade in der Metzgerei eingekauft hat. Aber unser Kater „Susi“ war sehr verwöhnt und hat nie gebettelt – deshalb konnte da etwas nicht stimmen. Auf jeden Fall hat Susi plötzlich nach einem Sprung auf den Tisch die Tasche umgehauen. Da kamen sehr kleine Bilder mit Vögeln zum Vorschein, die wir in unserem Geschäft zum Verkauf angeboten hatten. Sie waren damals modern und als Miniatur-Abbildungen recht teuer. Als das passiert ist, hat die Frau fluchtartig unser Geschäft verlassen.
Dann kam „Frau Käthe“, unser Schäferhund-Mischling. Sie kam mit drei Jahren zu uns und hat uns 15 Jahre glücklich gemacht. Jahrelang hat sie Dr. Hildebrandt, der um die Ecke seine Praxis hat, von unserer Ladentür auf dem Weg zu seinem Fahrrad am Schrannenplatz begleitet. Unser Schäferhund Max war ein ehemaliger Polizeihund. Ich habe ihn sehr geliebt – leider ist er mit 11 Jahren an einem Tumor gestorben. Und jetzt haben wir Bella Marie – einen Husky-Schäferhund-Mischling. Auch sie ist ein sehr guter Wachhund. Vor einigen Wochen wollte jemand bei uns einbrechen – und Bella Marie hat das sofort gehört. Als sie sich bemerkbar gemacht hat, sind die Diebe – der Sprinter stand schon vor dem Geschäft – gleich geflüchtet. Ich habe die Polizei angerufen – und dann mitbekommen, dass man in dieser Nacht versucht hatte, in zwei weiteren Geschäften einzubrechen. Bei einem Laden ist es ihnen gelungen und sie haben dort Geld entwendet.
Neben Hunden und Katzen gehörten auch eine Zeitlang Mäuse zu unserer Familie. Mein Sohn Michael hatte zur Kommunion zwei Mäuse geschenkt bekommen – eigentlich sollten es zwei Männchen sein, aber sie hatten noch einigen Monaten Nachwuchs – elf Babymäuse. Einmal in der Woche durften sie aus dem Mäusekäfig heraus und die Wohnung erkunden. Am liebsten waren sie in der Badewanne – dort sind sie dann die Steigung heruntergerutscht. Susi, der Kater, hat das immer überwacht und sie dann nach diesem Ausflug wieder alle in den Käfig zurückgetragen.
Ist Ihr Sohn auch bei Ihnen im Geschäft tätig?
Ja – Michael ist 1989 geboren. Wie ich hat er ebenfalls in Hadamar die Meisterprüfung absolviert. Wir beide haben im Bereich des Glashandwerks den Meister in der Bau- und Kunstglaserei erworben.
Wir könnten zum Beispiel Bleiverglasungen durchführen. Und wir besitzen einen Schmelzofen, der kommt momentan weniger zum Einsatz, war früher aber sehr viel in Betrieb. Unsere Angestellten, die zum Beispiel Duschtrennwände, Glastüren oder Küchenrückwände nach Maß einbauen, gehen regelmäßig auf Fortbildungen – so wie ich selbst auch. Ich war jüngst erst bei einem Brandschutzseminar. Es ist für mich selbstverständlich, mich mit allem, was ich in unserem Betrieb anbiete, selbst auszukennen. Ich hatte eine strenge Lehrzeit bei meinem Vater – und dafür bin ich sehr dankbar. Ich habe mich nie von der Arbeit gedrückt und wenn jemand eine Frage an mich richtet, ist es selbstverständlich, dass ich mich in jedem Bereich sehr gut auskennen muss.
„Neuburg ist Kultur“ heißt es immer. Haben Sie das Gefühl, dass die Neuburger besonders kunstbegeistert sind?
Wir freuen uns sehr, dass unsere Ausstellungen mit den Künstlern und Künstlerinnen in Neuburg sehr gut besucht sind. Aber unser Publikum und die Menschen, die in unserer Galerie Kunden sind, kommen aus der ganzen Welt. Wir liefern nach Spanien, nach Griechenland, nach Österreich oder in die Schweiz. Wir sind deutschlandweit mit unserer Galerie ein Begriff – ob in Hamburg oder in der Lüneburger Heide.
Neuburg ist meine Heimatstadt und ich lade oft Stammkunden ein, hier auch über Nacht zu bleiben. Denn wir habe eine wunderschöne Altstadt – ich liebe es, hier zu leben. Eine kleine, faszinierende Stadt. Für mich ist es ideal, in der Innenstadt zu wohnen – ich habe hier alle Geschäfte, die ich brauche. Einen Zahnarzt, einen Hautarzt, einen Italiener, ein Eiscafé, ein Café. Ich brauche nur ein paar Meter gehen. Ich brauche kein Auto, kein Fahrrad. Ich bin so glücklich hier.
Wie ich die Ausstellung im Schloss hatte, das war so erhebend, da oben aus den Fenstern zu schauen und sich in diesen Räumen zu bewegen. Wir haben alle, die damals mit dabei waren, diese Atmosphäre genossen. Neben den Kunstinteressierten haben auch so viele Schulen und Kindergärten die Ausstellung von James Rizzi besucht. Es ist für mich immer wieder faszinierend, was Kinder für ein Wissen haben. Und was sie alles beobachten. Ich habe eine Familie als Kunden, da hat letztens der Junge zu mir gesagt: „Mein Papa und meine Mama waren zur Ottoausstellung da. Ja, da war ich noch nicht auf der Welt. Aber mein Papa erzählt mir das immer vom Otto, der malt den Ottifant.“ – Und da dachte ich mir, ist es nicht schön, dass wir mit unseren Ausstellungen wirklich Menschen erreichen? Ob Otto, oder Walt Disney oder Snoopy … Alle Generationen haben daran Anteil – und ich kann dazu beitragen, dass die Begeisterung lebendig bleibt.
Was bedeutet Ihnen Kunst?
Ich gehe am Abend öfter in die Galerie, mache mir eine schöne Musik und hole meinen Hund. Und dann erkläre ich meinem Hund die Bilder und sage „schau mal, was da alles da ist …“ – Kunst ist schön. Egal ob es ein modernes Kunstwerk ist, ein realistisches oder nur ein Strich. Es ist immer etwas, was von einem Menschen aus seinem Herzen auf ein Stück Leinwand oder Papier gelangt. Und das finde ich so toll, wenn jemand so etwas erschafft. Es gehört immer Mut dazu, wenn man sich künstlerisch äußert – und es dann ausstellt. Bei mir in der Galerie genieße ich die verschiedenen Kunstrichtungen – aber immer die Farbenvielfalt. Wenn Sie die Gemälde von Heinz Schölnhammer betrachten – die Birnen, die Kirschstängel. Alles wirkt ganz echt – mit lebendigen Farben, Licht und Schatten.
Bei den modernen Bildern begeistert mich, dass ich beim Betrachten merke, was da alles versteckt ist in den Bildern. Ich schaue sie mir auch deshalb so gerne an, weil ich mir denke, es ist in vielen Bildern noch etwas, von dem der Maler gar nicht weiß, dass er das mit hinein gemalt hat. Kunst, egal, ob aus Papier oder Musik und Klang, tut der Seele einfach gut. Und das ist wunderschön.
Unternehmen Sie denn auch Reisen zu den Künstlern, mit denen Sie eine persönliche Verbindung haben?
Ich habe momentan keine Zeit – leider. Früher war meine Mutter da, da hatte ich mehr Zeit. Aber jetzt muss ich hier vor Ort präsent sein. Zwei Ausnahmen prägen dieses Jahr neben unserem Jubiläum in Neuburg: Es gibt in Riedberg in der Nähe von Gelsenkirchen, ein ganz kleines, wunderschönes Museum und da stellen wir jedes Jahr aus. Am 9. Juli beginnt dort die Udo Lindenberg Ausstellung. Dann haben wir ein Angebot bekommen in Rüsselsheim auszustellen – wir sind da Ende November mit Originalen von Otto vertreten.
Andererseits komme ich in unserer Galerie in Neuburg immer auf gute Ideen – zum Beispiel mit unserem Jubiläumsjahr. Als ich zufällig bei der Korrespondenz darauf gestoßen bin, dass die Glaserei dieses Jahr 70 Jahre alt wird und ich ja auch einen besonderen Geburtstag feiere, habe ich spontan gesagt: „Jetzt hauen wir auf den Putz!“ – In unserem Team waren dann einige unsicher, ob wir das überhaupt hinkriegen. Aber wir haben hier „Frauenpower“ und natürlich haben wir es geschafft. Frau Ritz unterstützt mich und Frau Meier. Wir sitzen in einem Team zusammen und diskutieren. Jede bringt sich ein – wir fragen zwar die Männer, ob es denen gefällt. Dann rümpfen sie manchmal die Nase, manchmal passt es, manchmal nicht. Na ja, aber dann ist es so, wie Udo immer so schön sagt: Ich mache mein Ding.