Dass es die „Donaunixen“ in Neuburg gibt, ist reiner Zufall
Als die 24 Jahre alte Barbara Rauscher im Oktober 1972 der Liebe wegen nach Neuburg kam, dachte sie an Vieles, „aber niemals daran, hier das Synchronschwimmen (Anm. d. Red.: früher Kunstschwimmen) ins Leben zu rufen“. Das sei „reiner Zufall“ gewesen, wie sie heute, 50 Jahre später, sagt. Früher selbst erfolgreiche Kunstschwimmerin, hatte sie sich zwischenzeitlich dem Tischtennis verschrieben. Sie hatte für den Hypo-Club München in der Bayernliga gespielt und war auch schon Bayerische Meisterin geworden. Tischtennis spielen wollte sie eigentlich auch in Neuburg. Wäre da nicht zwei Jahre zuvor ein neues Hallenbad eingeweiht worden.
In diesem Zuge wurde im TSV Neuburg nämlich die Schwimmabteilung neu gegründet. Als der damalige Abteilungsleiter Fritz Stoll dann in München seinen Übungsleiterschein machte, musste er auch von anderen Sparten etwas lernen – unter anderem vom Kunstschwimmen. Dabei lernte er Marie Nickel kennen, die ihn auf das neue Bad in Neuburg ansprach. Dort könnte man doch die Bayerischen Meisterschaften im Kunstschwimmen austragen. Stoll sagte zu. Von den für das Wochenende 19./20. Mai 1973 angesetzten Titelkämpfen las auch Barbara Rauscher in der Zeitung. Da ihr Mann auf Tagung war und sie nichts Besseres vorhatte, dachte sie sich: „Ach, da schaust mal hin.“
Im Parkbad traf sie mit Marie Nickel und Käte Jakobi alte Bekannte vom Traditionsverein der „Isarnixen“ in München. „Anstatt einer netten Begrüßung haben die mich gleich zusammengeputzt: So ein schönes Hallenbad und kein Kunstschwimmen in Neuburg, das geht gar nicht!“ Sie wandten sich an Fritz Stoll, wiesen ihn darauf hin, dass es hier in Neuburg eine Dame gibt, mit der hier das Kunstschwimmen eingeführt werden kann. Das war am Sonntagnachmittag. Schon tags darauf, am 21. Mai 1973, stellte Fritz Stoll Barbara Rauscher im Hallenbad acht junge Damen vor. Es war die Geburtsstunde der „Donaunixen“ und der Beginn einer in dieser Form niemals erwarteten Erfolgsgeschichte. „Und nur weil diese acht Frauen, die eigentlich Wettkampfschwimmerinnen waren, das Kunstschwimmen für sich entdeckten, kam diese Geschichte überhaupt ins Laufen“, erklärt die heute 75-jäh- rige gebürtige Oberpfälzerin.
Warum ein Ende der Erfolgsgeschichte nicht in Sicht ist
Nach 50 Jahren – das Jubiläum wurde kürzlich im Sporthotel Rödenhof gebührend gefeiert – haben sich die „Donaunixen“ längst zum großen Werbeträger für die Große Kreisstadt Neuburg entwickelt. Nach ihrer ersten Teilnahme an Deutschen Altersklassenmeisterschaften im Jahr 1985 standen „Donaunixen“ zwei Jahre später das erste Mal auf Medaillenrängen. Das hat sich bis ins heutige Jahr nicht mehr geändert. Höhepunkt waren dabei die Deutschen Altersklassenmeisterschaften 1990. Neuburg gewann sämtliche zu vergebende Titel in allen Altersklassen und dazu noch weitere Treppchenplätze. „Das ist nach uns noch keinem anderen Verein gelungen“, sagt Barbara Rauscher. Besonders stolz machen die wegen ihrer ehrenamtlichen Verdienste unter anderem mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande ausgezeichneten Oberpfälzerin auch die internationalen Erfolge „ihrer“ Sprösslinge. Neben zwölf Jugendeuropa- und sieben Jugendweltmeisterschaften schwammen Neuburger „Donaunixen“ für den Deutschen Schwimmverband bei sieben Europameisterschaften und vier Weltmeisterschaften.
Anfangs, ab 1975, standen Barbara Rauscher Christine Pogadl, bis heute Emmi Luba und viele Jahrzehnte die im Januar vergangenen Jahres verstorbene Gisela Kotzur als Trainerhilfen zur Seite – Gisela Kotzur vor allem auch in der Zeit, als Barbara Rauscher ihren Mutterpflichten nachkommen musste. „Das war ausschlaggebend für den erfolgreichen Weg“, erklärt die Gründerin. Heute bilden ehemalige Synchronschwimmerinnen den Trainerstab. Einige sind seit vielen Jahren auch in wichtigen Funktionen für den Deutschen Synchronschwimmverband tätig. Sie alle blieben den „Donaunixen“ während ihrer Studienzeit und ihrer Ausbildung treu und alle haben mit ihren Familien hier in Neuburg ihre Heimat gefunden. Die Familien unterstützen deren Engagement für diese ungemein ästhetische und athletisch überaus herausfordernde Sportart. „Um sie, unseren Trainerstab, beneiden uns viele Vereine“, weiß Barbara Rauscher.Diese ehrenamtlich tragenden Säulen im TSV Neuburg bilden auch die Basis dafür, dass sich kein Ende für den Erfolgsweg der Neuburger Synchronschwimmerinnen abzeichnet, den im vergangenen halben Jahrhundert gut 600 junge Mädchen mitgegangen sind.
Hoffnung auf genügend Nachwuchs
Dass sich auch künftig genügend Nachwuchs für die Altersklassen findet, um die erfolgreichen Ziele weiter verwirklichen zu können, ist ein Wunsch von Barbara Rauscher. Und da sie weiß, welch großes Engagement, welche Beharrlichkeit und Entschlossenheit und welche große Kompetenz ihr Trainerstab mitbringt, macht sie sich auch keine Gedanken darüber, sollte ihr Platz einmal leer sein. „Doch da denke ich noch überhaupt nicht dran“, sagt die Mutter der „Donaunixen“. „Kann ja sein, dass ich noch weitere zehn Jahre schaffe.“ Wer würde ihr das nicht vergönnen?
Text: Manfred Rinke, Fotos: Barbara Rauscher