Es gibt nur noch eine einzige Neuburger Brauerei – aber die hat es in sich! Denn den Juliusbräu lieben die Neuburgerinnen und Neuburger sowie viele Freunde der Ottheinrichstadt von nah und fern wie ein eigenes Familienmitglied.
Über diese Neuburger Genuss-Institution zu berichten – das ist einen eigenen Artikel wert. Und den lest ihr ebenfalls in dieser Ausgabe. Und wer nicht beim ersten und bereits jetzt schon legendären Sudhaus-Fest dabei war, der kann sich in der Nach-Lese ein Bild machen von der weiteren Erfolgsgeschichte, die sich da rund um den Juliusbräu anbahnt.
Aber in unserem Stadtgespräch dreht sich alles um den Meister persönlich – Florian Linder, seit über 20 Jahren Braumeister beim Juliusbräu. Weil es sich bei dieser Brauerei um ein „Schatzkästlein“ handelt, wie alle wissen, die ihr Bier lieben, kommt Florian Linder eine besondere Stellung zu: Er ist Braumeister, Ideengeber, Botschafter und ein ganz wichtiges Familienmitglied der Juliusbräu-Familie. Wenn Ihr noch mehr über Florian Linder erfahren wollt, dann seid Ihr in unserem Stadtgespräch genau richtig. Am besten, Ihr setzt Euch – und macht ganz stilecht eine Flasche Juliusbräu auf … denn jetzt geht es los. Prosit!
Du bist ja kein einheimischer Neuburger –
wo kommst Du eigentlich her? Und wie bist Du
nach Neuburg gekommen?
Das stimmt. Ich komme aus dem Augsburger Landkreis. Ich bin 43 Jahre alt – und wollte eigentlich etwas ganz anderes lernen als das Bierbrauen – nämlich Schreiner. Das hat mich schon immer fasziniert. Mein Vater ist ursprünglich Schlosser, wir sind also im Handwerk verwurzelt. Doch mein Vater hat sich damals beruflich umorientiert. Er ist in die Gastronomie gewechselt. Und so hat es sich ergeben, dass ich in die zugehörige Brauerei ein wenig reingeschnuppert habe. Schon nach einer Woche habe ich festgestellt, das gefällt mir gut. Und so bin ich mit dem Brauberuf in Berührung gekommen. Nach der Schule war für mich immer klar, dass ich in dem Beruf, den ich lernen möchte, auch einen Meister machen will. Und so habe ich das dann auch verwirklicht und Brauer/Mälzer gelernt.
Es ist dann wirklich alles ganz schnell gegangen. Ich habe meine Lehre absolviert, meine Gesellenzeit – und habe dann gleich die Meisterschule angeschlossen.
Wie ging es dann mit Dir im Brauereiwesen weiter?
Ich war 21 Jahre, als ich meinen Meister in der Tasche hatte. Beim Bewerben habe ich festgestellt, dass die Brauerei Gutmann in Titting eine Vertretung für den Braumeister sucht. Ich habe etwas mehr als ein halbes Jahr die Abfüllung geleitet und bin vom Gutmann zum Juliusbräu vermittelt worden. Als ich hier in Neuburg ankam, war ich 22 Jahre alt. Ganz am Anfang habe ich mich gefragt, ob ich das mit dem „Braumeister“ hinbekomme. Dass der Juliusbräu von der Anlage und der Arbeitsweise ähnlich war wie mein Lehrbetrieb, ist mir entgegengekommen. Ich habe mich damit relativ leicht getan, die Herausforderung zu übernehmen. Auch wenn es von der Verantwortung und den Aufgaben einfacher ist, als Brauer beschäftigt zu sein und nicht als Braumeister – in den 21 Jahren in Neuburg hat bei mir immer die Freude am Job und am Arbeitsplatz überwogen. Mittlerweile bin ich hier länger in Neuburg als ich an meinem Geburtsort aufgewachsen bin.
Und Du fühlst Dich inzwischen in Neuburg zuhause?
So ist es. Ich habe mich eingebürgert und meine Frau hier kennengelernt. Man lernt die Leute kennen – und Neuburg ist ja wirklich eine Stadt, in der man gut leben kann.
Was gefällt Dir denn besonders an Neuburg?
Was in Neuburg besonders am Anfang faszinierend war, in den ersten Jahren, das waren die vielen kleinen Veranstaltungen, wie zum Beispiel die Oldtimer-Tage mit dem Neuburger Motorclub. Und natürlich ganz typisch, das Neuburger Schloßfest. Auch wenn das kein typisches „Bayerisches Brauchtum“ darstellt, fühle ich mich damit – privat und in meiner Funktion als Braumeister – sehr verbunden. Da wir über die Jahre immer mehr Zehrstätten beliefern, bekommt man da auch den Aufbau mit. Man fühlt sich dann mit denen, die dieses Fest planen und umsetzen, gleich besonders verbunden.
Auch wenn man unterwegs ist und man im Gespräch auf Neuburg kommt – da ist dann das Schloßfest, das eine Verbindung schafft. Das gefällt mir.
Hast Du einen Lieblingsplatz in Neuburg?
Ich empfinde die Natur um mich herum wirklich als Erholungsort. Ich habe den Jagdschein und gehe ab und an auch in Neuburg auf die Jagd. Aber nicht sehr aktiv – sondern nur zur Entspannung. Schon die Innenstadt hat große Grünflächen – und sobald man an den Stadtrand kommt, ist man schon mittendrin in der Natur. Hier um den Juliusbräu schätze ich sehr, dass in unmittel-
barer Nähe zu den Braugebäuden Birnen und Äpfel, Pflaumen und Walnüsse wachsen. Es ist ein kleines Paradies hier oben.
Wer die Kultur mag, wird hier in dieser Stadt mit Geschichte auch die große Vielfalt genießen. Und wenn es dann doch mal die Großstadt sein soll, sind München, Augsburg oder Ingolstadt auch nicht weit entfernt. Diese Mischung in Neuburg gefällt mir.
Hast Du denn überhaupt noch Zeit für etwas anderes als den Juliusbräu?
Ja – eigentlich zu wenig, das stimmt. Im Sommer ist es jetzt gerade recht geschäftig. Und dann brauche ich etwas, was mich ein bisschen runterholt von diesem Level. Die Möglichkeit, auf die Jagd zu gehen, ist dann gar nicht so weit weg – aber ich kann das momentan nicht in dem Umfang betreiben, wie ich es gerne hätte.
Und wo geht Dir Herz auf, wenn Du an Neuburg denkst?
Ich mag die vielen Möglichkeiten, die sich hier anbieten. Sowohl direkt in der Stadt – aber auch das Umland. Und mittlerweile habe ich hier einen doch sehr umfangreichen Bekanntenkreis – das geht quer durch alle Gesellschaftsschichten – es macht mir sehr viel Spaß, dass ich mit allen immer wieder zu tun habe. Das ist für mich sehr interessant.
Du bist ja auch oft außerhalb von Neuburg unterwegs …
Das stimmt – wir haben zum Beispiel immer das Bierfest der Neuburger Partnerstadt Sète mit unseren Spezialitäten versorgt. Einerseits ist die Entfernung schon eine anspruchsvolle Größe, um so eine Freundschaft aufrechtzuerhalten. Und sie lebt, wie auch im Privaten, immer von Menschen, die ein Motor für so eine besondere Beziehung sind.
Ich hoffe, dass nach Corona wieder ein Neustart möglich ist. Denn im Vergleich zu den Aktivitäten, die davor möglich waren, kommt es mir gerade ein bisschen ruhiger vor. Ich bin zehn Jahre lang jeden Sommer mit unserem Bier nach Südfrankreich gefahren – das ist schon ein Abenteuer mitten im internationalen Fernverkehr. Und, das war auch besonders schön, die Sèter haben uns immer sehr freundlich empfangen. Hoffen wir, dass diese Begeisterung für Neuburg an die nächste Generation dort weitergegeben werden kann.
Was fasziniert Dich am Brauberuf?
Das ist ein sehr vielseitiger Beruf. Vom Anbau und von den Rohstoffen, wo man quasi zumindest eine Grundahnung haben muss, über die Verarbeitung der Rohstoffe bis hin zum Produktmarketing, aber auch in der Brauerei. Wir sind ja nicht nur Anlagenbediener, sondern wir versuchen ja auch, die Anlagen zu verstehen oder mal zu warten. Also es ist wirklich alles dabei, von Landwirtschaft über Bierbrauen bis Marketing – und zwischendurch mal ein bisschen Schlosser oder mal Elektriker oder sonstiges.
Hast Du dabei viel Kontakt mit begeisterten Juliusbräu-Kunden?
Bei uns als eher kleine Brauerei ist es ein bisschen speziell, weil der Kontakt zur Kundschaft relativ kurz ist – gerade bei uns an der Rampe oder wenn man selbst bei den Festen mit ausschenkt – dann entwickelt sich immer ein Gespräch. Das hast Du in einer großen Brauerei nicht, wo Du in einer Abteilung stehst und vom Umfeld nicht mehr viel mitbekommst. Für mich ist der direkte Kundenkontakt sagenhaft schön. Jetzt sind wir gerade sehr aktiv bei den Führungen durch die neue Anlage. Die Resonanz der Kundschaft ist toll! Wir gehen da durch, und die sind alle begeistert. Diese persönliche Begegnung, das Interesse, das Lob und die Anerkennung – so etwas tut einfach gut!
Man hat fast das Gefühl, für die Neuburger, die Bier lieben, gehört der Juliusbräu mit zur Familie?
Das stimmt definitiv. Sie entwickeln ausgehend vom Produkt eine Beziehung zu uns. Klar, es ist ja nicht nur eine Brauerei, sondern eigentlich die einzig funktionierende Neuburger Brauerei. Da entwickelt sich so ein Selbstverständnis, hinter dem Du stehen kannst. Und auch eine Vorstellung von dem Gefühl, wie so eine gute Kundenbeziehung das Produkt prägt – und umgekehrt. Wir arbeiten alle dafür, dass man in Neuburg sehr gerne sein Bier bei uns holt. Auch wenn Geschmäcker immer verschieden sind – das ist ja absolut in Ordnung – möchten wir, auch die Chefin, dass die Brauerei an sich bestehen bleibt, dass Neuburg nicht ohne Brauerei dasteht. Deshalb versuchen wir immer, für Neuburg die Brauerei zu erhalten und voranzutreiben.
In den letzten Jahren sind ja sehr viele Sorten auf den Markt gekommen – wie kommst Du als Braumeister überhaupt immer darauf?
Da kommen viele Ideen zusammen in unserem Dreier-Team. Das ist die Frau Bauer, der Stiftungsvorstand Kurt Müller und ich als Braumeister. Wenn irgendwo eine Lücke im Sortiment entsteht, wirft jeder seine Ideen in den Ring. Dann muss man auch darauf schauen „was will der Markt, was braucht der Markt?“ und dann gehen wir in diese Richtung.
Ein Beispiel ist das alkoholfreie Bier. Da muss man sich überlegen, was und wie will man es produzieren? Für mich ist ganz wichtig, dass ich auch dahinterstehen kann. Ich muss mich selbst damit identifizieren können. Nur wenn mir das Produkt schmeckt, dann kann ich es so vertreten – und dann läuft es auch.
Was ist denn Dein persönliches Lieblingsbier? Gibt es so etwas überhaupt?
Ich bin tatsächlich ein klassischer heller Biertrinker, also unser Lager. Hell ist mein Lieblingsbier, wobei ich auch gestehen muss, ich habe das Dunkle damals etabliert für das Schloßfest. Also auch das Dunkle ist eins von meinen Lieblingsbieren. Ich mag diesen Gegensatz: hell und dunkel.
Was empfiehlt sich an einem schönen Grillabend im Altweibersommer als Bier unter Freunden?
Für den Herbst passt natürlich unser klassisches Festbier. Für das „Oktoberfest“ kommt unser „Oktober-Bier“, ein Märzen, heraus. Es heißt „Gambrinus“. Weil es im Herbst schon früher dunkel wird und man gerne kräftig und deftig isst, ist auch das Festbier etwas dunkler in der Farbe und ein bisschen kräftiger im Geschmack. Denn zum Herbst als Jahreszeit passt ja auch ein schöner, schwerer Rotwein.
Welches Bier aus Eurem Sortiment sollte man denn auf jeden Fall probiert haben?
Das ist natürlich ganz schwer zu sagen – aber was was sicher nie ein Fehler ist, ist unser „Classikus“ – auch ein Märzen Festbier. Ein weiterer Favorit wäre aus meiner Sicht ein heller Bock – den gibt es bei uns vom Advent bis zur Fastenzeit.
Was war ein besonders schöner Moment für Dich als „Bierbotschafter von Neuburg“?
Da gibt es sehr sehr viele Momente. Aber was sich mir wirklich eingeprägt hat, wir hatten einmal eine Präsentation im Künstlerhaus in München. Da durfte ich noch als ganz junger Mitarbeiter mit. Da haben wir unser Juliusbier den „großen Künstlern“ vorgestellt. Das war schon ein besonderer Moment für mich.
Oder der Moment, wo wir das erste Mal das Schloßfest-Bier abgefüllt haben. Wir haben das hier bei uns im Hof präsentiert – und waren schon ein bisschen stolz darauf, dass wir es von dortan in der Flasche zum Verkauf anbieten konnten.
Wichtig ist mir auch etwas anderes: Das Gefühl, dass unsere Kundschaft jederzeit bei uns anrufen kann – hier herrscht das „24/7“ Prinzip. Einer von uns ist immer da – entweder die Frau Bauer oder ich. Und dann findet man eigentlich immer eine Lösung. Das gehört für uns dazu – das ist für uns selbstverständlich. Für die Menschen, die es zu schätzen wissen und das nicht ausnutzen – da machen wir es gerne.
Welches Bier würdest Du gerne einmal brauen?
Es ist tatsächlich so, dass ich vor etlichen Jahren mal ein Pils getrunken habe – das hatte sehr viel Hopfen. Also nicht mit verschiedenen Aroma Hopfen – sondern klassischen Hopfen in verschiedenen Stadien des Wachstums. Und der hat wirklich das Hopfen-Aroma in einer ganz besonderen Form in das Bier gebracht.
Es muss gar nicht extrem herb sein – aber der Hopfen ist richtig vollmundig im Geschmack durchgekommen. So ein Bier, das würde ich gerne einmal nachbrauen …
Text: Alex Fitzek, Fotos: privat und Ulli Hamm