Der Lehrstellenmarkt war für Berufsanfänger selten so chancenreich wie derzeit. Geburtenschwache Jahrgänge treffen auf Personalknappheit. Das gilt aber nicht für jede Branche. Wenn die Lehrstelle für den Wunschberuf schwer zu bekommen ist, hilft nur eine gute Bewerbung. Dabei kann man viel falsch machen.
Wir haben einen Experten befragt. Christoph Steuer aus Ingolstadt gibt Tipps für gutes Benehmen, denn er ist „Coach und Knigge-Trainer für Business Etikette“. Der gelernte Bankkaufmann weiß, was für einen guten Auftritt beim Bewerbungsgespräch zu tun ist. Er ist Experte auf den Spezialgebieten Tischmanieren, Smalltalk und Kommunikation.
Derzeit gibt es viele offene Lehrstellen. Warum ist ein gutes Auftreten bei der Bewerbung trotzdem wichtig?
Christoph Steuer: Weil das immer noch den kleinen feinen Unterschied ausmacht, denn mit guten Umgangsformen passt man einfach besser in das neue Team.
An einem Arbeitsplatz verbringt man den größten Teil des Werk-Tages. Welche Eigenschaften muss ein Bewerber haben, um zu einem Kollegium zu passen?
Christoph Steuer: Also wenn wir da die Knigge-Regeln mit hinzuziehen, dann haben wir hier die Tischmanieren (nicht Schmatzen, nicht mit offenem Mund sprechen, wissen wie man mit Messer und Gabel isst, kein Schlachtfeld im Pausenraum hinterlassen), Höflichkeit (Ausreden lassen, Lästerverbot, Toleranz zeigen) und Erster Eindruck (gepflegtes Äußeres, Pünktlichkeit und weder rülpsen noch in der Nase bohren oder ähnliches gehören zum guten Ton).
Ist ein Bewerbungsschreiben überhaupt noch zeitgemäß? Was muss drin stehen, was nicht?
Christoph Steuer: Das kommt immer auf das Unternehmen an, dennoch sollte man auf die wichtigen Details wie Lebenslauf, Erfahrungen, Ausbildungen, berufliche Stationen nicht verzichten. Die Frage ist, ob man wirklich noch als Hobby Lesen und Reiten mit dazu angeben soll, aber das überlasse ich den Bewerbern.
Warum ist ein Lebenslauf wichtig?
Christoph Steuer: Das Unternehmen möchte sich natürlich ein Bild vom Bewerber machen, welche Qualifikationen hat er, welche Weiterbildungen und hat er bereits berufliche Erfahrungen machen können?
Was muss ich beim Bewerbungsgespräch beachten?
Christoph Steuer: Gute Vorbereitung, angemessen gekleidet, sauberer und ordentlicher Eindruck – weder overdressed noch underdressed, auf einen Smalltalk vorbereitet sein und darin eine Chance
sehen …
Mein Äußeres: Welche Erscheinung passt zu meinem künftigen Beruf?
Christoph Steuer: Auch hier empfehle ich vorab, mir die Unternehmen genauer anzusehen – so macht es keinen guten Eindruck, wenn ich mich beim Fliesenleger bewerbe und im Nadelstreifenanzug komme, oder mich in der Bank mit meinem Arbeitsoutfit zeige. Die richtige Mischung macht viel aus und man soll sich auch wohlfühlen in dem was man anzieht – denn auch das merkt der Gegenübersitzende.
Wer immer gut ankommt…
Christoph Steuer: … ist normal gekleidet, auf Smalltalk vorbereitet, auch auf ein eventuelles Essen und interessiert sich für die eine oder andere Info über das Unternehmen.
Was überhaupt nicht geht…
Christoph Steuer: Kaugummi, gefühlt im Rasierwasser oder Parfüm gebadet zu haben oder auch nur auf Körperduft setzen, nur Monolog führen, sofort alle Duzen, Bezeichnungen wie Alter, Man, Bro, Bruder im Gespräch verwenden.
„Lehrjahre sind keine Herrenjahre“ gilt dieser alte Spruch immer noch?
Christoph Steuer: Ja und nein – ich finde den Spruch deshalb passend, weil man vielleicht nicht nur Tätigkeiten machen soll, die einem gefallen werden, sondern weil man sich auch konstruktive Kritik gefallen lassen muss – zurecht – schließlich ist ja noch „kein Meister vom Himmel gefallen“.
Text: amei, Fotos: Christoph Steuer