Weg zur inneren Balance

Ayurveda ist eine Lebenseinstellung und damit viel mehr als Wellness oder Kosmetik

Die indische „Lehre vom langen und gesunden Leben“, Ayurveda, ist in Asien eine anerkannte Naturheilkunde. Welcher Ayurveda-Typ bin ich? Eher ein kreativer Vata-Mensch, ein ruhiger Kapha-Typ oder eine feurige Pitta-Persönlichkeit? Diese drei Richtungen (Doshas) prägen den Menschen nach Auffassung der Ayurveda-Medizin von Geburt an. Wenn es gelingt, sie in harmonischer Balance zu halten, winkt ein langes und glückliches Leben. 

Ayurveda ist hierzulande aber eher als Wellness- und Kosmetikbehandlung mit exotischen Massagen und vegetarischer Ernährung bekannt. Tatsächlich steckt hinter der indischen „Lehre vom langen und gesunden Leben“ jedoch eine anerkannte Naturheilkunde mit langer Tradition. In Asien wird diese Medizin in staatlichen Kliniken praktiziert und an den Universitäten gelehrt. „Ayurveda liegt ein eigenständiges und differenziertes wissenschaftliches Weltbild zugrunde“, erklärt Ananda Chopra, Mitglied in der Deutschen Ärztegesellschaft für Ayurvedamedizin. Der 47-Jährige hat ein konventionelles Medizinstudium in Deutschland und danach eine Ayurveda-Ausbildung in Indien absolviert.

Stress als Anlass zur Kur

Wer zu einer echten Ayurveda-Kur mit Ölmassagen, Kräuterbädern und bitterer Medizin bereit ist, wird zunächst ausführlich nach der individuellen Konstitution befragt. Chopra untersucht Zunge, Augen, Haut und Puls und stellt viele Fragen zu Ernährung, Bewegung, Beruf, Schlaf und anderen Lebensgewohnheiten. Der Anlass für eine Ayurveda-Kur ist in vielen Fällen ähnlich: Stress, Übergewicht, Rückenprobleme, Bluthochdruck.

Mediziner kritisieren Ayurveda oft als unwissenschaftlich und bemängeln fehlende Wirksamkeitsstudien, dennoch: „Das Interesse für die altindische Heilkunde und ihre ganzheitlichen Therapieformen ist in den letzten Jahren beständig gewachsen“, sagt Mark Rosenberg, Vorsitzender des Berufsverbandes für Ayurveda-Mediziner und -Therapeuten (VEAT). Neben Massagen, Kosmetikbehandlungen und Ernährungsempfehlungen nimmt auch das Angebot an kompletten Ayurveda-Kuren in spezialisierten Hotels und in medizinischen Einrichtungen stetig zu.

Gesund in den Frühling

Essen im Einklang mit der Natur: Auf diesem Prinzip beruht die ayurvedische Ernährung. Wörtlich übersetzt bedeutet Ayurveda: „die Wissenschaft des langen Lebens“. Sie geht davon aus, dass nur, wer sich vollwertig und seinem Typ entsprechend ernährt, gesund bleiben und alt werden kann. Richtig angegangen, kann dieses Konzept auch beim Abnehmen helfen.

Als gesund gelten in erster Linie Lebensmittel, die viel „Prana“ – Lebensenergie – enthalten. „Dafür müssen nicht unbedingt exotische Produkte eingekauft werden“, erklärt Ayurveda-Expertin Petra Skibbe aus Nürnberg. Karottengemüse, Schweizer Rösti und Spargelcremesuppe werden Ayurveda-Prinzipien ebenso gerecht wie Safranreis. Neben Herkunft und Beschaffenheit der Zutaten ist auch die richtige Zeit des Essens, der geeignete Ort und die Gemütsverfassung des Kochs, der die Nahrung zubereitet, wichtig.

Grundsätzlich geht es darum, die „Doshas“ in der Balance zu halten. Doshas sind Körpersäfte oder so genannte feinstoffliche Bioenergien, die jeder Mensch in sich trägt. Die drei Doshas heißen Vata, Pitta und Kapha. Sie stehen für die fünf Naturelemente Luft und Äther (Vata), Erde und Wasser (Kapha) sowie für das Feuer (Pitta). „Jeder Mensch trägt eine ganz individuelle Dosha-Verteilung in sich, die im Detail nur er und niemand sonst hat“, erklärt Skibbe. Welche Doshas ein Mensch in sich trägt, ermittelt ein Ayurveda-Arzt oder ayurvedischer Heilpraktiker. 

„Im Ayurveda gilt nicht das Motto ’Du bist, was du isst’, sondern vielmehr ’Du isst, was du bist’“, erläutert Kerstin Rosenberg von der Europäischen Akademie für Ayurveda in Birstein (Hessen). Denn welche Ernährung passt, entscheidet sich anhand der Doshas. Berücksichtigt werden unter anderem Jahreszeit, Konstitution und die Art der Arbeit. Mit der individuell abgestimmten Ernährung sollen dann die Körpersäfte in Harmonie gebracht werde.

„Vata-Menschen nehmen beispielsweise am besten Speisen der Geschmacksrichtungen süß, sauer und salzig zu sich“, sagt Rosenberg. Antje Gahl von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung in Bonn beurteilt die ayurvedische Art der Ernährung positiv: „Sie ist fettarm, vollwertig und vegetarisch. Außerdem werden frische Produkte verwendet. Vorteilhaft sei zudem das verwendete Vollkorngetreide, auch Milch- und Sojaprodukte kämen nicht zu kurz. Ratsam sei auch, sich auf drei Mahlzeiten täglich zu beschränken und auf Zwischenmahlzeiten ganz zu verzichten.

Text: tmn, Fotos: Kzenon, stock.adobe.com; marilyn barbone, stock.adobe.com