Karl. Hubert. Willi. Und Roman. Das sind einige Persönlichkeiten der Familie Ziegler, die in Heinrichsheim, in Neuburg und über unsere Region hinaus wohlbekannt sind. Viele unterschiedliche Interessen, ganz individuelle Typen – aber ein starkes Band, das im Leben verbindet. Und darüber hinaus.
Roman ist 26 Jahre alt und hat mit seinen jungen Jahren, besonders im letzten Jahr, sehr viel erlebt, sehr viel gelernt und sehr viel Verantwortung übernommen. In unserem Stadtgespräch erzählt er, warum Familie und Freunde ihm alles bedeuten. Was ihm Halt gibt. Und warum er sich Heinrichsheim und Neuburg so verbunden fühlt, auch wenn er so viel unterwegs ist.
So wie es ausschaut, gibt es eine richtige kleine „Ziegler-Dynastie“ in Heinrichsheim. Wie ist es dazu gekommen, dass sich hier so viele verschiedenen Interessenschwerpunkte gebildet haben – Zieglers Rahmschmankerl, Ofen, Golfplatz? Wie ist deine Familie hier gelandet und wie hast du hier deinen Platz gefunden
Der Ursprung von unserer Familie hat an dem Ziegler Hof hier in Heinrichsheim begonnen – mit meinem Opa Ziegler und meiner Oma, und die haben ihre drei Buben gekriegt. Mein Vater Willi, mein Onkel Karl, der mit dem Golfplatz und der Landwirtschaft einen Grundstein bereits für die nächste Generation gelegt hat, ebenso wie der Onkel Hubert mit dem Ofenbau – und auch bekannt in Neuburg durch seine Rahmschmankerl. Das verbindet mich mit ihm, allerdings bin ich mehr im Raum München und Österreich unterwegs. Ich bin jetzt vollkommen im Reisegewerbe betätigt. Das bedeutet, ich bin wirklich nur unterwegs mit unseren Ständen von Fest zu Fest, von Markt zu Markt, an Volksfesten oder anderen Events. Dort versorge ich alle, die sich darüber freuen, mit Zieglers Rahmschmankerl.
Damit bist du wahrscheinlich übers Jahr dann sehr gut beschäftigt …
Tatsächlich, ich bin dann wirklich ganz gut ausgelastet. Es gibt natürlich auch die ruhigeren Zeiten, jetzt gerade im Frühjahr im Januar, Februar, März. Da ist wirklich Ruhe, die man aber auch mal braucht, um wieder alles klar Schiff zu machen, zu renovieren. Dann ab April geht es eigentlich wieder voll los bis Heiligabend
Wusstest du schon von Anfang an, dass du inmitten deiner aktiven Verwandtschaft einen Beruf ergreifen möchtest oder wie hat sich das ergeben?
Mein Papa hat das Geschäft 25 Jahre betrieben. Ich bin jetzt 26, also seitdem ich denken kann, sind wir in Zieglers Rahmschmankerl-Geschäft tätig. Es war schon immer mein Traumberuf, da ich von klein an mit dabei war auf den Märkten. Es hat mir immer Spaß gemacht, mit unterwegs zu sein, und es war eigentlich für mich schon klar, ich möchte das mal weitermachen.
Doch zuerst habe ich etwas anderes gemacht. Ganz bewusst. Denn ich war nicht 100 Prozent sicher, wie ich mich mit einer Ausbildung auf diesen Beruf vorbereiten kann. Es handelt sich um ein Reisegewerbe – ja klar. Aber die meisten rutschen da einfach rein und sind ein Teil der Familie, die für dieses Reisegewerbe steht. Dafür braucht es keine eigene Lehre. Aber ich wollte eine Lehre machen, die grundsätzlich mit diesem Betrieb nichts zu tun haben muss. Gerade während Corona hat man spüren können, wie unsicher dieses Gewerbe plötzlich werden kann. Natürlich hatte auch unsere Familie damals eine schwere Zeit.
Und deshalb habe ich damals schon gesagt, ich möchte nach der Fachoberschule etwas vollkommen anderes lernen. Das war in meinem Fall „Zimmerer“. Denn mit Holz arbeiten, das hat mir schon immer Spaß gemacht – man kann es als Hobby betrachten.
Bist du damals auch in der Region geblieben oder hast du woanders gelernt?
Ich bin nie weg gewesen, ich war immer zu Hause, immer hier! Das hat viele Vorteile – zum Beispiel einen für mich sehr wichtigen: Ich habe einen großen Freundeskreis, den ich nicht missen möchte. Den konnte ich mir von Anfang an aufbauen – da viele von uns sich schon aus Kinder- oder Jugendtagen kennen. Die meisten stammen aus Heinrichsheim, aber mittlerweile leben sie über den ganzen Landkreis verteilt.
Obwohl du so viel unterwegs bist, kannst du den Kontakt halten?
Definitiv. Nicht nur ich – wir alle nehmen uns Zeit füreinander. Denn wir wissen, dass so ein stabiler Freundeskreis, mit dem man durch dick und dünn gehen kann, nicht selbstverständlich ist.
Wenn ich wieder in Heinrichsheim angekommen bin, schaue ich einfach mal spontan bei dem einen oder anderen vorbei. Irgendwo ist immer jemand, der am Feierabend Lust und Zeit hat. Da ist immer was los, so locker und unkompliziert geht das bei uns!
Seit elf Monaten gibt es noch einen Menschen, der dir sehr viel bedeutet …
Julius. Unser Sohn. Sonja und ich sind sehr glücklich, dass es ihn gibt. Sonja, meine Frau, kommt vom Kutscherhof in Marienheim. Wir kennen uns tatsächlich auch schon länger durch einen Freund von mir. Wir sind jetzt seit fünf Jahren zusammen. Und Julius kam letztes Jahr dazu.
Und er wächst dann auch so ein bisschen mit den Zieglers Rahmschmankerln auf wie du damals?
Richtig, Julius ist schon voll aktiv. Er kommt mich immer mit Sonja besuchen, wo wir gerade sind. Ich glaube, er möchte langsam auch gerne mitwirken. Er freut sich natürlich, bei uns zu sein. Er ist immer mit uns unterwegs – so wie ich es als Kind auch erlebt habe.
Dieses Reisegewerbe funktioniert sicher besonders gut, wenn man sich dabei rundum wohl fühlt. Ist es genau dein Ding, einfach mit Menschen ins Gespräch zu kommen?
Das macht die Arbeit natürlich aus! Also nicht nur die Leidenschaft zum Handwerk, das man gerne ausführt. Sondern das „unter den Leuten sein“ und die Stammkundschaft. Es ist so schön zu erleben, so hat es mein Vater einmal gesagt, wenn man Menschen als Kinder kennenlernt und dann über die Zeit immer wieder sieht. Irgendwann stellt so ein ehemals kleiner Bub dir dann seine Freundin vor … und bekommt irgendwann einmal selbst Kinder. Diese Jahre und diese Zeit, die du erlebst mit den Leuten und die Beziehungen, die dadurch entstehen … das ist immer wieder faszinierend. Da bauen sich ganz tolle Bekanntschaften auf. Auch wenn man sich nicht oft sieht … aber wenn man sich sieht, entstehen immer tolle Gespräche. Und das macht Spaß. Das ist so schön an diesem Beruf, dass man rumkommt. Und irgendwann Menschen überall auf der Welt hat, die einem wichtig sind. Wo man sich besuchen kann – und sich dann auch fernab von Zuhause im Urlaub gleich ganz besonders willkommen fühlt.
Und der Abschluss als Zimmerer, hat der in der Rückschau gut in deinen Lebensweg gepasst?
Nach meinem Fachabitur auf der FOS und nach der Zimmerer-Lehre wollte ich eigentlich auch Praxis in diesem Beruf bekommen. Aber das war gerade zu einer Zeit, als wir sehr viel mit unserem Reisegewerbe zu tun hatten. Deshalb hatte ich mich entschlossen, voll im Betrieb beschäftigt zu sein – und insbesondere an der Seite meines Vaters Willi viel unterwegs zu sein.
Der Gedanke, wie ich mich in den gemeinsamen Betrieb einbringen kann, kehrte zurück. Ich entschloss mich, eine Bäckerlehre zu absolvieren. Denn da wir viel in München auf den großen Veranstaltungen, wie dem Oktoberfest unterwegs sind oder auf der Auer Dult, ist es sehr wertvoll, gewisse Qualifikationen aufzuweisen. Denn jeder muss sich auf so eine Veranstaltung ein Jahr im Voraus bewerben. Als Zimmerer ist die Verbindung zu einem Lebensmittel wie „Zieglers Rahmschmankerl“ nicht so naheliegend. Als mein Vater Willi mit dem Reisegewerbe unterwegs war, spielten diese Qualifikationen noch nicht eine so wichtige Rolle wie heute. Aber heute legen gerade so große Städte wie München sehr viel Wert darauf, dass die Leute, die Lebensmittel verkaufen, auch entsprechend qualifiziert sind. Und ich finde das auch vollkommen richtig.
Deshalb habe ich bei unseren Freunden, der Familie Kaltenstadler, nachgefragt. Mit dem Fachabitur und der ersten Ausbildung konnte ich diese zweite Ausbildungszeit verkürzen. Weil ich schon während dieser Zeit spürte, dass mir der Beruf des Bäckers wirklich liegt, habe ich mich dazu entschlossen, gleich noch den „Meister“ zu machen – im Zusammenhang mit einem Betriebswirt Abschluss in München. Während in der Coronazeit viele wenig mit ihrer Zeit anfangen konnten, war es für mich perfekt, nach der Lehre direkt auf die Meisterschule zu gehen und dann noch den Betriebwirt in drei Monaten draufzusatteln. Gerade im Herbst – passend vor den Weihnachtsmärkten – hatte ich diesen Abschluss in der Tasche. Und obwohl es ein großer Schritt war, habe ich das nie bereut.
Im Gegenteil. Eigentlich hat mich diese ganze Entwicklung gerettet. Denn mein Vater Willi ist letztes Jahr zu Ostern leider überraschend verstorben. Und damit haben wir nicht nur einen ganz besonders wertvollen Menschen verloren. Sondern auch die Erlaubnis, die ganzen Märkte in München zu bespielen – denn in diesen Bewerbungen war nur sein Name festgeschrieben und nicht meiner.
Ich habe mir fest vorgenommen, dass ich das so schnell wie möglich wieder schaffen möchte – dieses Standbein unseres Betriebes wieder zurückzuholen. Besonders die Auer Dult in München, die erste, die wir vor 25 Jahren uns als Betrieb erschlossen haben. Der Ort, auf dem ich groß geworden bin. Da kenne ich alle Standler ringsrum. Und jetzt, im April, habe ich das wieder geschafft. Mein Ziel für heuer habe ich damit eigentlich schon erreicht … und ich hoffe, dazu kommen dann auch noch Oktoberfest oder Christkindelmarkt. Aber da, wo ich hinwollte, das habe ich schon geschafft. Dafür bin ich sehr dankbar.
Wer gehört denn da noch zu deinem Team?
Wir haben 25 Mitarbeiter, also Teilzeit, da ist alles dabei … Rentner, Studenten, normale Arbeitnehmer, Freunde oder Bekannte. Wir stehen fest in Verbindung und informieren rechtzeitig, wer Zeit und Lust hat, wieder mit am Stand zu sein.
Unter uns am Stand herrscht eine sehr gute Stimmung, denn alle arbeiten schon viele Jahre bei uns und machen das gerne. Im Juni zum Beispiel sind wir in Österreich auf einem Festival, das das größte Blasmusik Festival Europas mit 90.000 Leuten in drei Tagen ist. Alle sind in Tracht unterwegs – und auf dem Festgelände herrscht, wie bei unseren zwei Ständen, eine super Stimmung. Darauf freuen wir uns schon alle sehr. Auch wenn dabei viel gearbeitet wird – durch die persönlichen Begegnungen bekommst du unheimlich viel zurück. Das ist für mich ein Geschenk.
Dann hat sich eigentlich alles gut gefügt für dich und deine Familie?
Der Einschlag, den der Verlust meines Vaters Willi bedeutet, der hätte natürlich nicht so sein müssen. Das hätte alles noch anders laufen können. Aber ich bin gut durchgekommen, sagen wir mal so … und es läuft. Ich kann mich nicht beschweren, und ja, es geht weiter. Und ich bin jeden Tag so dankbar, dass meine Mama da ist. Denn auch mit ihr habe ich eine ganz feste Verbindung.
Mein Papa war nicht nur mein Papa, sondern auch mein Arbeitskollege und mein bester Freund. Wir haben Tag und Nacht eng miteinander gearbeitet, so viel Zeit miteinander verbracht und so viele tolle Sachen erlebt … das werde ich nie vergessen. Er war mein Vorbild – jetzt führe ich das Geschäft nach meinem Papa. Aber ich gehe trotzdem meinen eigenen Weg. Und ich spüre, dass da nach wie vor ein Band ist, das mich hält. Jemand, der sagt: Du packst das schon.
Dein starker familiärer Rückhalt und deine Freunde haben dich sicher dabei besonders unterstützt?
Definitiv. Jeder ist füreinander da – manchmal gibt man, manchmal nimmt man. Nur so kann Familie und Freundschaft überhaupt funktionieren. Das Leben schenkt einem so viel … auf jeden wartet ein Füllhorn an Möglichkeiten. Und ich denke, nur wenn man fest zusammenhält, kann man die Zeiten, wo das Leben eine ganz andere Richtung nimmt, einigermaßen überstehen.
Hier in Heinrichsheim und in Neuburg ist ja auch der Ostermarkt in Heinrichsheim fest mit dem Namen „Ziegler“ verbunden …
Ja, das stimmt. Auch wenn wir den Ostermarkt letztes Jahr wegen meines Vaters kurzfristig absagen mussten. Wir wollen das gerne auch nächstes Jahr wieder anbieten. Es ist schon toll zu sehen, dass viele Familien aus unserem Ort oder auch aus Neuburg dahin spazieren, sich über das Angebot mit unserem Osterschinken und die Schmankerl freuen. Und mit anderen ins Gespräch kommen …
Und dann bist du ja auch ein bisschen mit der Neuburger Tafel verbandelt …
Wir spenden schon seit längerer Zeit regelmäßig an die Tafel. Weil wir für Zieglers Rahmschmankerl viele Lebensmittel benötigen und uns entsprechend eindecken, bleibt nach einem Markt oder einem Fest manchmal etwas übrig. Dann fahren wir am nächsten Tag zur Tafel, weil wir diese Lebensmittel nicht bis zum nächsten Markt aufheben können. Deshalb sind wir öfter bei der Neuburger Tafel und spenden. Das sind dann meist die Lauchzwiebeln. Aber als die Tafel vorletztes Jahr vor Weihnachten in der Presse um Unterstützung gebeten hat, habe ich mir noch etwas zusätzlich einfallen lassen.
Ganz spontan habe ich mir noch eine Brotback-Aktion überlegt, da ich gerade ein bisschen mehr Zeit hatte als sonst um die Weihnachtsmärkte. Wir haben dann einen Laib Brot für etwas mehr Geld verkauft als sonst und konnten jeweils ein zweites Brot an die Tafel spenden. Das haben wir zwei, dreimal wiederholt – Frau Schlamp und ihr Team von der Tafel haben sich darüber sehr gefreut.
Ein anderes Mal hatten wir viel Schmand übrig – weil ja während Corona die Weihnachtsmärkte abgesagt wurden. Mit diesen zwei Tonnen Schmand konnten wir dann in der Zusammenarbeit mit der Stiftung „Für Neuburger“ im Verkauf an unsere Kunden über 1000 Euro Spenden akquirieren. Wir haben uns so gefreut, dass wir mit dieser Idee so viele anstecken konnten. Viele haben dann spontan noch Kuchen gebacken oder Nachtisch zubereitet, damit sie auch Schmand von uns als Spende abnehmen können.
Auf diese Weise gemeinsam anderen eine Freude zu machen, das mache ich wirklich sehr gerne. Das ist auch einer der Gründe, warum ich so gerne hier in Heinrichsheim und in Neuburg daheim bin: Man kennt sich, man kann genau so sein, wie man ist. Und man schaut aufeinander. Das tut richtig gut.
Text: Alex Fitzek, Fotos: privat